Das Büro WLM (Weber-Landolf-Münch) arbeitete im Auftrag der Schweizer Armee an einem Schulflugzeug für angehende Jetpiloten. Der Auftrag für den Bau eines ersten Prototyps, ging an die Firma Isler in Wildegg. Hier baute Ruedi Sägesser mit 2 Angestellten die WLM-1. Es war das erste Flugzeug, bei welchem erstmals die Flächen teilweise in Schalenbauweise erstellt wurden. Es wurde beschlossen, 3 Maschinen anzuschaffen, die bei der Firma Isler in Wildegg in Auftrag gegeben wurden. Um den Terminplan einhalten zu können, wurden für die Prototypen zwei und drei einige Arbeiten an andere Firmen übertragen. Die Rümpfe entstanden bei Isler, die Flügel bei Pilatus und die Beschläge beim Flugzeugwerk Emmen.
Eine uneingeschränkte Kunstflugtauglichkeit, eine erhöhte Festigkeit für den Flug in Wolken sowie in sonstigen stark böigen Zonen, eine verbesserte Eigenstabilität, insbesondere bei der Kurvenlage in Blindkreisen, und ein flacherer Gleitwinkel bei hoher Reisegeschwindigkeit (für den Streckenflug) waren die Vorgaben. Hierdurch ergab sich quasi als Nebenprodukt ein Flugzeug mit einem großen Verwendungsbereich: Volle Kunstflugtauglichkeit sowie eine hohe zulässige Höchst- und Schleppgeschwindigkeit. Durch Wölbklappen wurde eine günstige Sinkgeschwindigkeit in einem weiten Geschwindigkeitsbereich erzielt (siehe Inter Avia vom März 1948 "Neue Wege im Segelflugzeugbau" von M. Landolf, Luzern). Die seinerzeit verwendeten Profile, z. B. der Gö-Familie, wiesen eine sehr starke Wölbung auf. Diese Profile brachten gute Langsamflugeigenschaften, hatten jedoch einen sehr hohen Widerstand, was sich in einer starken Sinkgeschwindigkeit bei größeren Geschwindigkeiten auswirkte. So hatte beispielsweise die Olympia-Meise (Profile Gö 549/676) eine geringere Sinkgeschwindigkeit von 0,67 m/sec bei 60 km/h (WLM 1: 0,80 m/sec bei 66 km/h), bei ca. 75 km/h war die Sinkgeschwindigkeit beider Flugzeuge in etwa identisch (ca. 0,85 m/sec). Bei zunehmender Geschwindigkeit lag die WLM 1 jedoch klar im Vorteil. Bei 100 km/h und einer Flächenbelastung von 20 kg/m²: Olympia-Meise: ca. 1,65 m/sec; WLM 1: ca. 1,22 m/sec. Bei 120 km/h: ca. 3,00 m/sec zu ca. 1,80 m/sec.
Bei der zulässigen Höchstfluggeschwindigkeit von 300 km/h (Flattersicherheit war bis zu einer Geschwindigkeit von über 340 km/h gegeben) waren Abfangbewegungen bis zu + 5 g und Drücken bis zu -1,8 g erlaubt. Bei 160 km/h war Drücken bis - 3,0 g noch im Rahmen der Belastungsgrenze.
Ruedi Sägesseer fliegt mit der WLM 1 ein erstes Akroprogramm und wird dazu mit dieser Karte von den
Konstrukteuren beglückwünscht. Sie schreiben: Sägi im selbsterbauten Kunstflugzeug. Kein Männchen
war's, diese Rückwärtsfelge, sondern ein ausgewachsener "Sägimann".
Aus "RUDOLF SÄGESSER, Kleine Biografie eines großen Flugzeugbauers" zu seinem 75. Geburtstag,
Verfasser: Alois Koller
Am 30.07.1947, und somit kurz nach dem Erstflug, erzielte der Prototyp einen Schweizer Höhenrekord mit einer Startüberhöhung von 4.120 m. Bei der ersten internationalen Segelflugwoche 1947 in Samedan konnte ein 2. Rang belegt werden. Im Januar 1948 erfolgte die volle Zulassung durch das Luftamt.
Obwohl sämtliche Vorgaben voll erfüllt wurden, kam es zu keinem Serienbau, da die Kommission für Flugzeugbeschaffung den Kauf von ursprünglich 12 avisierten Trainingsflugzeugen ablehnte.
Quelle: Aero-Revue Suisse 04/1948
Teilweise wird behauptet, dass die LF-107 Lunak eine Kopie der WLM 1 sei. Verschiede Details (Optik, Ausmaße, Auslegung, Wölbklappen, Profil) unterstreichen diese Vermutung. Im Übrigen gab es in der Schweiz Bestrebungen, anstatt von 12 WLM 1 preisgünstigere Lunak aus Tschechien anzuschaffen. Auch dieses Vorhaben wurde jedoch nicht umgesetzt.
Weitere Informationen können dem Buch "Oldtimer-Segelflugzeuge" von Jochen Ewald, Rainer Niedrée, Peter F. Selinger, erschienen im Aviatic Verlag, entnommen werden. Allerdings ist in diesem Buch nicht korrekt, dass Ruedi Sägesser mit diesem Flugzeug 1947 abstürzte. Dieser Absturz ereignete sich vermutlich am 24. April 1949 in Agno bei Lugano als der Pilot aufgrund eines Sonnenstichs einen Kollaps erlitt. Hierbei entging Ruedi Sägesser nur knapp einer Beinamputation. Auch die Aussage, dass alle drei WLM 1 zusammen mit Pilatus (Flügel) und den Eidg. Flugzeugwerken in Emmen (Beschläge) gebaut wurden, ist laut Aussage von Ruedi nicht korrekt. Der erste Prototyp wurde komplett bei Isler hergestellt, lediglich die Prototypen 2 und 3 im Rahmen des Fertigungverbunds.
In dem Buch "Segelflugzeuge 1945 - 1965" vom Martin Simons ist die WLM 1 ebenfalls beschrieben. Allerdings sind die Bildunterschriften teilweise vertauscht. Bei der "551" handelt es sich um die WLM 1. Die Aufnahme entstand bei Tests für militärische Zwecke in Buochs am Vierwaldstätter See (siehe unten). Das Flugzeug mit der Wettbewerbsnummer 29 ist eine WLM 2.
Die nachfolgenden Bilder stammen aus dem Originalarchiv "Ruedi Sägesser". Ruedi hat mir seine Dokumentation zum Kopieren und zum Veröffentlichen überlassen.
Schlepp der WLM 1 mit einer Cessna in Grenchen bei Solothurn (1947).
Baubeschreibung
Flügel freitragend in Schulterdeckeranordnung. Profil NACA 23013 bis zur Flügelmitte, am Flügelende NACA 23007. Zweiholmig, wobei bis zum hinteren Holm diagonal mit Sperrholz beplankt wurde. (Anmerkung: Laut Rudi erhöhte sich durch die diagonale Beplankung die Verdrehsteifigkeit der Tragfläche enorm). Tragflächen komplett bespannt, um Witterungseinflüsse, z. B. Rissbildungen, zu vermeiden. Sturzflugbremsen aus Leichtmetall oben und unten zwischen Hinterholm und Wölbklappen. Die Wölbklappen hatten eine Tiefe von 24% der Flügeltiefe und ließen sich mit einem Handrad bis auf 40° ausfahren, wobei sich die Querruder bis auf ca. 20° mit absenkten.
Rumpf aus Sperrholz mit Stoffüberzug. Abnehmbare Metallnase.
Leitwerk mit sperrholzbeplankten Flossen und stoffbespannten Rudern. Höhenruder mit Trimmklappe. Beide Höhenruder konnten hochgeklappt werden.
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Die HB-552 ist die einzige noch fliegende WLM1.
HB 518 stürzte vermutlich am 24.04.1949 mit Ruedi Sägesser am Steuer in Agno bei Lugano ab. Der Pilot entging nur knapp einer Beinamputation
(siehe unten!).
Der Absturz der HB 551 erfolgte am 12.03.1969 in Neuchâtel. Manfred Echter teilte mir die Schilderung eines Augenzeugen mit:
"Der Pilot flog das - auch heute noch verlangte - Schweizer Kunstflug-Prüfungsprogramm. Dazu gehört als letzte Figur eine Steilspirale mit 3 Umdrehungen in 30 Sekunden. In der Figur hat der Pilot die Trimmung nach schwanzlastig verstellt, wodurch sich das Flugzeug aufbäumte und ins Trudeln geriet. Wegen der geringen Höhe und der verstellten Trimmung gelang es ihm nicht, das Trudeln zu beenden. Der Pilot überlebte den Absturz wie durch ein Wunder. Er hatte buchstäblich Dutzende Knochenbrüche, aber keine lebensbedrohlichen Verletzungen davongetragen."
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Bezüglich Absturz von Ruedi am 24.04.1949 wurden zwischenzeitlich Zweifel angemeldet, denn Karl Busch
teilt uns am 10. April 2008 mit:
"Eine WLM stürzte im Jahr 1949 beim Kunstflug über der Stadt Chur auf eine Wiese am Stadtrand ab
(200 m von meinem Zuhause). Der Pilot Hansli Würth, ein bekannter Pilot aus Chur, konnte sich mit dem
Fallschirm heil retten. Ich habe damals als Bub zugesehen.
Das Flugzeug hatte nach meiner Erinnerung Totalschaden und ich hatte jahrelang ein Trümmerstück daheim.
Um welche Immatrikulation es sich handelte und ob es der 29.April war, kann ich nicht mehr sagen, aber April
war es ziemlich sicher.
Unfallursache: Das Flugzeug zerlegte sich bei einer Rolle wegen Überbeanspruchung. Es gab in der Lokalpresse damals
einen Bericht, ich glaube sogar mit Trümmer".
Anmerkung: Herr Busch kontaktierte extra noch einen Jugendfreund, der die Version des Absturzes vollauf bestätigte.
Der Absturz erfolgte nach einem Föhn-Wellenflug bei anschliessender Akro. Die Landung war auf dem Rossboden
in Chur vorgesehen.
Die Schilderung von Karl Busch wird durch einen entsprechenden Eintrag im Schweiz. Luftfahrzeug-
und Abzeichenregister bestätigt: Der WLM 1, HB-518, wurde am 31.12.1949 aus dem Register
gelöscht, da das Flugzeug durch einen Unfall mit dem Pilot Würth zerstört wurde.
Das Flugzeug gehörte zuvor der SG Zürich.